Das Comeback

Mehren. Spieltach. Matchday. Sonntag. Üdersdorf. Was klingt wie ein trockener Familienausflug, fernab jeglichen Massentourismus in einer strukturschwachen Gegend war für die örtliche Zweitvertretung das zweite Heimspiel der Saison. Gegner diesmal: Die SG aus Üdersdorf.

Wie so oft und so sollte es auch diesmal sein, ließ sich der Gegner schwer einschätzen. Mit einem Sieg und einer Niederlage gegen den Topfavoriten Kirchweiler in die Saison gestartet, sah sich die Tabelle am 3. Spieltag noch wie der Einkaufszettel eines Junggesellen an. Zudem bot der Gegner einige neue Gesichter auf, so dass Übungsleiter Fandel bereits im Vorfeld entschied, sich ganz auf sich selbst zu konzentrieren.

Gleichzeitig bot der Tag im Zuge der Platzeinweihung des neuen Naturrasenplatzes einen würdigen Rahmen für ein unterhaltsames Spiel. So ließ es sich der Verein nicht nehmen die frühzeitig anwesende 2. Mannschaft, sowie weitere hohe Persönlichkeiten mit einem Sektempfang zu begrüßen und dem Festakt beizuwohnen! Aufgrund dessen waren einige organisatorische Änderungen der Vorbereitung notwendig, was sich jedoch als durchaus glückliche Fügung herausstellen sollte.

Das Team selbst hatte auf dem Papier einen Fehlstart hingelegt, trotz des enormen Potenzials und einer Reihe von Neuzugängen. So stellten wir zwar die beste Defensive, jedoch waren wir noch torlos. Übungsleiter Fandel setzte dabei seine konsequente Linie fort, um durchaus einige Änderungen im Team vorzunehmen und eine feine Mischung im Team zu finden. Dabei galt es die doch vermeidbare Niederlage in Lissingen zu vergessen, die jedoch aufzeigte, dass man mit 9 Mann das bessere Team war und es nicht an Einsatz und Willen fehlte. So mahnte das Eigengewächs Philipp Schüller in einem Exklusivgespräch vor dem Spiel an, „endlich die Handbremse zu lösen und das Potenzial auf den Platz zu bringen“.

Fandel, am Freitag selbst noch als nicht alternde „Legende“ in der Mehrener Traditionsmannschaft aktiv, nutze sein taktisches Gespür sowie die gesponserte Trainingsjacke und stellte das Team erneut um. Durch die Sperre von Peter Franzen rückte der zuletzt angeschlagene Ralf Wallebohr samt Papberg zurück in die Innenverteidigung. Vorne fand sich auf der „10“ Sebastian Müller wieder! Gleichzeitig beförderte Fandel den agilen Achim Peters auf die Außenverteidigerposition.

Diese Maßnahmen blieben nicht ohne Folgen, denn Coach Fandel „gönnte“ sich den Luxus Allrounder „Mini“ Dietrich sowie Leistungsträger „Capitano“ Alberg auf der Bank zu lassen. Bedingt durch den Festakt verschob sich das Spiel um 15 Minuten, das Vereinshaus des TC Mehren wurde zur Umkleide. Jener Ort, wo 1998 beim dramatischen Finale der örtlichen Clubmeisterschaft der „Geist von Mehren“ beschworen wurde, etwas, was es so seit der Einführung der 3-Punkte-Regel nie wieder gegeben hat.

Das Spiel selbst begann zunächst recht ruhig, Mehren genoss optische Vorteile, die sich jedoch nicht in zwingende Torchancen wiederspiegelten. Nach einigen Minuten flanierte Papberg nach Balleroberung die rechte Seite entlang, ließ drei Gegenspieler am Busbahnhof warten und zog die Flanke als Aufsetzer in die Mitte des Kreiderechtecks. Leider bekam Yannik Weber nicht mehr genug Druck dahinter, so dass sein Kopfball in die Arme des Torwarts ging. Spielerisch verlagerte sich das Spiel recht schnell auf links, es wurde viel der der lange Vollspannpass geübt oder man versuchte über Flanken ins Zentrum der gegnerischen Defensive zu gelangen, was sich jedoch im ganzen Spiel als die ungünstigste Variante erweisen sollte. Im Verlauf der ersten Halbzeit gelang es immer mehr über den spielfreudigen Achim Peters Vorstöße zu kreieren, defensiv stand man dabei sicher.

Üdersdorf versuchte es über Konter und verbuchte einige Torannäherungen per Freistoß oder Eckball, ohne jedoch selbst zwingend zu sein. In einem intensiven, aber noch fairen Spiel näherten wir uns mit der Zeit langsam an. So entschied sich die eigene Offensive für ein Highlight der Torannäherung für die zahlreich erschienenen Zuschauer. Nach einer feinen, teils denkwürdigen Kombination über links, ließ Nils Esser seinen Körper am Strafraum tanzen, warf Michael Reicherz sein Pausengeld zu und streichelte den Ball in dessen Lauf. Volley prügelte dieser das runde Leder jedoch weit drüber. Eine Führung war mittlerweile durchaus verdient, jedoch waren die Chancen noch zu halbherzig. Insbesondere Esser bemühte sich seine Fernschussstatistik weiter auszubauen. So ging es mit einem doch eher enttäuschenden 0:0 zum Pausenwasser. Spielerisch war noch Luft nach oben, auch wenn man optisch überlegen war und sich dem Tor deutlich näher befand als der Gegner.

Fandel reagierte, beförderte Dietrich zum aktiven Spieler und ließ „The Comeback“ Bretz die Schuhe schonen. Die Mannschaft war sofort wacher, griff früher an, erhöhte den Druck und zwang Üdersdorf mehr und mehr zu Fehlern. Nun wurde das Spiel intensiver und ruppiger, immer wieder bremsten Fouls beider Mannschaften den Spielfluss. Dietrich war es dann auch vorbehalten die nächste Großchance zu erzeugen. Nach einem Eckball schwappte der Ball an die Strafraumgrenze, Dietrich erinnerte sich an sein Ferien-Fußball-Camp, damals auf einem Campingplatz in den Niederlanden, ließ den Ball einfach von seinem Oberschenkel, erinnerte sich an seine Einschulung und beförderte das Spielgerät volley knapp über die Aluminiumkonstruktion.

Mehren kam immer näher, Fandel roch ein besseres Ergebnis und schickte Edeltechniker Schmalz auf das satte Grün. Spielerisch gelang es nun besser bis zum gegnerischen 16er vorzudringen, jedoch fehlte auch hier zumeist der finale Pass. Die Defensive ließ dabei nichts mehr zu, einzelne Konter wurden abgefangen, unterbunden und abgewiesen.

Es lag immer mehr eine Spannung in der Luft, die jedoch in der 71. Minute ihren negativen Höhepunkt erreichen sollte: Dauner Kirmes, Backfischstand, ein Weizen zu viel, Kamelrennen verloren und plötzlich Rudelbildung am Autoscooter. Was klingt wie der emotional romantische Verlauf eines schlecht geplantes Dates, sollte auf dem Platz sein Stelldichein bekommen. Nach einem Zweikampf in Höhe der Mittellinie gingen Papberg und ein Üdersdorfer zu Boden. Nach einem recht friedvollen Gerangel und Halten beiderseits stand der Üdersdorfer auf und schlug seine Hand in das Gesicht Papbergs. Aufregung, Rudelbildung, Entschuldigungen und die gelbe Karte für beide Beteiligten waren die Folge. Somit vermied es der Schiedsrichter nach einer klaren Tätlichkeit dies mit Rot zu ahnden. Dies gab jedoch keinen Bruch, das Team blieb ruhig und erhielt Minuten später die Chance zur Führung. Nach einer scharfen Hereingabe versuchte ein Üdersdorfer zu klären, setzte sich dabei auf den Rasen und klemmte den Ball zwischen Körper und Hand ein. Elfmeter!

Reicherz übernahm Verantwortung, legte sich den Ball zurecht, verlud den Torwart und drosch das Leder in die fiktiven Fanränge. Offensichtlich hatte er den Anlauf falsch eingeschätzt und musste dem langen Laufweg kurz vor dem Schuss Tribut zollen.

Wieder drohte ein unnötiger Punktverlust, bis zur 88. Minute! Esser, bis dahin sehr bemüht trickreich und gewillt seine Rabattmarken „Fernschüsse“ des örtlichen Discounters abzuarbeiten und aus jeder Position zu schießen, entschied sich dem Festakt seinen würdigen Rahmen zu verleihen. Nach einer Balleroberung tankte er sich technisch erregend am Strafraum entlang, deckte den Tisch, verabschiedete sich herzlich vom anwesenden Ball und spannte diesen ins linke untere Toreck, wenn auch unter gütiger Mithilfe des Gästetorwarts.

Eine in der Entstehung glückliche Führung, aber auch hochverdient. Das Spiel selbst war jedoch noch nicht vorbei. Üdersdorf, in Halbzeit zwei ohne Torabschluss, bekam in der Nachspielzeit einen Freistoß im Halbfeld zugesprochen. Dieser wurde direkt vors Tor gebracht, streichelte die Kopfhaut eines Üdersdorfer Stürmer und wurde von Andreas Bley sicher aufgenommen. Mit etwas Pech und etwas mehr Geschick des Gegners hätten wir uns hier fast noch um die Früchte unserer Ernte gebracht. Danach war Schluss.

Fazit: Ein insgesamt hochverdienter Sieg, der jedoch noch zu niedrig ausgefallen ist. Wenn man dazu bedenkt, dass die zweite Halbzeit ein Spiel auf ein Tor war, eine Tätlichkeit nicht geahndet und ein Elfmeter vergeben wurde, so lässt sich bereits heraus lesen, dass mehr als dieses knappe Ergebnis drin war. Positiv waren wiederrum Moral und Einsatzwille, defensiv stand man insgesamt sicher und auch offensiv wurden durchaus einige hochkarätige Chancen erzeugt. Ein negativer Aspekt ist jedoch die spielerische Gestaltung. So haben wir es doch zu oft mit langen Bällen und frühzeitigen Flanken, sowie Torabschlüssen versucht und hier nicht das abgerufen, was wir im Training bislang zeigten.

Alles in allem ist das Team dieses Jahr jedoch sehr gut besetzt. Übungsleiter Fandel bieten sich vielfältige Alternativen und wenn die Mannschaft weiter so arbeitet, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich neben Wille und Moral, auch eine weitere spielerische Verbesserung, sowie mehr Tore dazu gesellen!

Der nächste Gegner heisst nun Kelberg II, selbst mit zwei Niederlagen und einem Sieg gestartet, und gespickt mit dem ein oder anderen technisch versierten, wenn auch etwas gealterten Routinier! Spielbeginn ist am Samstag um 17:30 Uhr in Kelberg und die zweite Mannschaft freut sich über viele mitreisende Zuschauer, die den Aufwärtstrend weiter mit begleiten wollen. (Florian Papberg)

[foogallery id=“1735″]